25. Netzwerk-Workshop zur Sturzprophylaxe in der Pflege – Praxiserkenntnisse und Qualitätssteuerung im Fokus

Datum: 22. September 2023

Ort: Osnabrück

Der 25. Netzwerk-Workshop über den Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege, 2. Aktualisierung Praxiserkenntnisse & Qualitätssteuerung, versammelte am 22. September 2023 Experten und Fachleute aus der Pflegebranche, um aktuelle Erkenntnisse und bewährte Praktiken im Bereich der Sturzprävention zu diskutieren. Im Mittelpunkt standen die Ergebnisse aus der Literaturanalyse, Praxisprojekten und Empfehlungen für eine effektive Dokumentation der Sturzrisiken sowie der Maßnahmenplanung.

Literaturanalyse zeigt wenig Relevanz für viele Interventionen

Eine der herausragenden Erkenntnisse des Workshops war, dass viele in der Literatur beschriebenen Interventionen wenig bis gar keine Relevanz für die Sturzprophylaxe aufweisen. Stattdessen betonte der wissenschaftliche Leiter, Herr Michael Simon, die Bedeutung einer gezielten fachlichen Einschätzung der Sturzrisiken in den Einrichtungen. Dafür werden einige zentrale Fragen herangezogen:

  1. Gab es in der Vergangenheit Stürze?
  2. Gab es als Folge eines Sturzes Frakturen?
  3. Haben die Patienten Angst vor Stürzen?
  4. Sind die Patienten sicher beim Gehen?
  5. Nutzen die Patienten Hilfsmittel zur Fortbewegung?


Die schnelle Beantwortung dieser Fragen ermöglicht eine Risikoeinschätzung im jeweiligen Pflegekontext und bildet die Grundlage für geeignete Maßnahmen zur Sturzprophylaxe.

Politische Ebene: Warum werden Sturzindikatoren der DAS nicht veröffentlicht?

Während des Workshops wurde von Frau Sabine Hinrichs die Frage eingeworfen, warum Pflegeeinrichtungen zweimal im Jahr Sturzindikatoren erheben, aber die Ergebnisse nicht veröffentlicht werden. Der Moderator, Herr Andreas Büscher erklärte, dass die Antwort auf diese Frage auf politischer Ebene liege. Die Diskussion um die Veröffentlichung von Sturzindikatoren und deren potenzielle Auswirkungen auf Pflegeeinrichtungen ist ein aktuelles Thema, das weiterhin diskutiert werden muss.

Praxisprojekt zeigt Erfolge in der Sturzprophylaxe

Herr Heiko Stehling, wissenschaftlicher Mitarbeiter, präsentierte die Ergebnisse aus den Praxisprojekten, bei denen der Expertenstandard in mehreren Einrichtungen exemplarisch implementiert wurden. Dabei betonte er, Sturzprophylaxe funktioniert in Pflegeeinrichtungen. Die wichtigsten Indikatoren für erfolgreiche Sturzprävention sind die Risikoeinschätzung, der Maßnahmenplan und die Anzahl der Stürze. Die Risikoeinschätzung erfolgt in zwei Schritten – einem Screening und einer vertieften Einschätzung. Herr Stehling wies darauf hin, dass es nicht hilfreich sei, durch Assessmentbögen irgendwelche Punkte zu sammeln. Stattdessen sollte eine gute Anamnese durchgeführt werden, was eine fachliche Beobachtung und Einschätzung des Sturzrisikos im jeweiligen Themenfeld der SIS® bedeutet.

Besonders betont wurde die Bedeutung der Analyse nach einem Sturz. Die Praxis zeigte, dass der größte Nutzen in klaren Kennzahlen (Screening und Anzahl der Stürze) sowie in der Schulung des Personals liegt. Gut geschultes Personal trägt maßgeblich zur Minimierung von Stürzen bei.

Heiko Stehling schloss seinen Vortrag mit einem Zitat der Fantastischen Vier: „…bevor wir fallen, fallen wir lieber auf.“ Dies unterstreicht die Bedeutung der Sturzprävention und die Notwendigkeit, frühzeitig auf mögliche Risiken aufmerksam zu werden.

Optimales Vorgehen in der Sturzprävention

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellten Experten aus der stationären Langzeitpflege und aus dem Krankenhausbereich ihre exemplarischen Implementierungen vor. Dabei kristallisierte sich ein optimales Vorgehen heraus:

Sturzeinschätzung / Erfassung

  1. Stationäre Langzeitpflege – Individuelle fachliche Einschätzung:
    1. Risikomatrix als Screening
    2. vertiefte Einschätzung bei erkanntem Risiko im Themenfeld der SIS®
    3. Sturzprotokolle nach jedem Sturz ausfüllen
    4. Eine Analyse des Sturzes und Fallbesprechungen sind entscheidend, um Maßnahmen zu überprüfen und zu optimieren. Denn nicht jede Maßnahme ist für jede zu pflegende Person passend. Der Fokus bei den Maßnahmen sollte auf der Vermeidung von Stürzen liegen.
  2. Krankenhausbereich: Checklisten und Assessments sind empfohlen, da die Patienten oft nur kurz in der Einrichtung sind.


In beiden Bereichen ist die Schulung des Personals entscheidend und kann nachweislich zur Sturzminimierung beitragen.

Der Workshop verdeutlichte, dass eine Erhebung des Sturzrisikos in der Pflege nicht auf stumpfes Ausfüllen von Assessmentbögen reduziert werden darf. Stattdessen sollte der Fokus auf einer fundierten fachlichen Einschätzung, klaren Kennzahlen und der Schulung des Personals liegen. Nur so kann die Sicherheit und Lebensqualität der Pflegebedürftigen effektiv gesteigert und Stürze minimiert werden.