Neuer Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“

„Wir wollen nicht noch mehr Checklisten in der Pflege!“

Am 17. Februar 2023 fand im DNQP in Osnabrück eine Hybridveranstaltung, die 11. Konsensus-Konferenz in der Pflege, statt. Dabei wurde der Entwurf des neuen Expertenstandards „Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“ in allen fünf Ebenen der Struktur-, Prozess- und Ergebniskriterien erörtert. Die Mitglieder der Expertenarbeitsgruppe führten ehrenamtlich innerhalb von 18 Monaten eine umfassende Literaturrecherche durch und verfassten den ersten Entwurf.

Der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Jan Kottner, begann damit, die wichtigsten fachlichen Informationen zum Thema Haut zu erläutern. Danach verdeutlichte er, welche Herausforderung es war, „Ordnung in´s Chaos zu bringen“. Was die Expertenarbeitsgruppe geleistet hatte, war absolute Pionierarbeit, denn „zurzeit existiert sehr wenig evidenzbasierte Literatur zum Thema Haut“. Außerdem war es herausfordernd, grundsätzlich eine Übersicht über die vielfältigen Produkte zu erhalten, die auf der Haut aufgetragen werden können. Laut Kottner sei dieser Expertenstandard sehr wichtig, denn nach einer Umfrage sei aufgefallen, dass die befragten Pflegekräfte im Bereich der Hautpflege „machen, was sie wollen“. Er betonte immer wieder, dass es ein Präventionsstandard sei, denn die Integrität beschreibt eine Kombination aus a) einer intakten Hautstruktur und b) der Funktionsfähigkeit zum Erhalt der Hautstruktur. Der Fokus der Hautintegrität liege im Expertenstandard bei den Krankheitsbildern inkontinenzbasierte Dermatitis, Intertrigo, Skin Tears (Hauteinrisse) und Xerosis Cutis (trockene Haut).

In der ersten Diskussionsrunde meldete sich recht schnell Frau Elisabeth Beikirch zu Wort und sagte: „Wir wollen nicht noch mehr Checklisten in der Pflege!“ Sie merkte an, dass die Formulierungen im Expertenstandard andere Instanzen dazu bringen werde, Screening-Listen, Assessments und weitere Checklisten von den pflegerischen Einrichtungen zu fordern. Prof. Dr. Jan Kottner riet ausdrücklich davon ab, Checklisten oder strukturierte Assessments zu verwenden. Eine fachliche Expertise sei vollkommen ausreichend. Die empfohlenen Assessments dienen lediglich als Unterstützung oder Hilfestellung. Grundsätzlich wies er darauf hin, dass in den Expertenstandards die Worte „sollte“, „könnte“, „es wird empfohlen“ genutzt werden. Das bedeute nicht, dass sich eine Einrichtung daranhalten müsse. Es bleibe den Gegebenheiten in den Einrichtungen überlassen, welche Empfehlungen übernommen werden. Außerdem würde dieser Expertenstandard erst gar nicht greifen, sofern kein Risiko bestehe. Die Expertenarbeitsgruppe wird sich nach der Konferenz zusammensetzen, alle angemerkten Punkte aus den Diskussionsrunden erörtern und die Formulierungen im Expertenstandard anpassen.

Die modellhafte Implementierung des Expertenstandards findet im Frühjahr 2023 statt. Wenn Sie Interesse daran haben, bewerben Sie sich bis zum 17. März 2023 beim DNQP oder melden Sie sich bei uns (rr@dm-edv.de).

Nach der Auswertung der modellhaften Implementierung ist die Veröffentlichung für Frühjahr 2024 geplant. Wir halten Sie dazu gerne auf dem Laufenden. Zum Abschluss der Konferenz betonte der wissenschaftliche Leiter, Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Büscher, es sei ihm deutlich geworden, dass die Pflege sich wieder mit dem Pflegeprozess beschäftigen und lernen müsse, wie wichtig ein systematisches Vorgehen sei. Da der DNQP erkannt hatte, die Nutzung der Expertenstandards führe zu Missbrauch, wiederholte er seinen Tipp, sich die im November 2022 veröffentlichte Stellungnahme durchzulesen. (https://www.dnqp.de/fileadmin/HSOS/Homepages/DNQP/Dateien/Weitere/DNQP_Nutzung_von_Expertenstandards.pdf).