PUEG – Die Pflege ist die Perle des Sozialstaates

Am 26. Mai 2023 sprach der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundestag zum Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG). Darin berichtete er zuerst über die G7 Gesundheitsministerkonferenz in Japan. Japan sei die älteste Bevölkerung der Welt und versuche den Menschen durch Roboter zu ergänzen. Lauterbach nahm dazu klar Stellung, indem er sagte: „Es gibt keine technische Lösung, es gibt keinen Roboter, der die Zuwendung, die Nächstenliebe, die Fürsorge eines Menschen ersetzen kann.“ Weiter äußerte er, die Art und Weise, wie in Deutschland Pflege stattfinde, sei im Vergleich zu anderen Ländern großartig. Er dankte allen pflegenden Angehörigen und den Pflegekräften für ihre Arbeit. „Die Pflege ist die Perle unseres Sozialstaates“, betonte Lauterbach und räumte ein, dass die Pflegeversicherung Defizite aufweise und „wir unbedingt Neuerungen benötigen“. Deshalb sei das PUEG so wichtig, und er bat die Kollegen im Bundestag, dafür zu stimmen.

Das PUEG beinhaltet mehrere Aspekte im Bereich der Pflege und Pflegeversicherung. Es soll die häusliche Pflege gestärkt, Leistungen verbessern und die finanziellen Belastungen der pflegebedürftigen Personen sowie deren Angehörige minimieren. Dafür wird es diverse monetäre Erhöhungen geben.

Das PUEG in Kürze erklärt

Am 01. Juli 2023 tritt das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz, kurz PUEG, in Kraft. Im Folgenden erfahren Sie die Zusammenfassung der Neuerungen aus diesem Gesetz:


Ziel 1:

Häusliche Pflege stärken, Leistungen verbessern und finanzielle Belastungen minimieren

Maßnahmen:

  • Erhöhung des Pflegegelds um 5% zum 01.01.2024
  • Anheben der ambulanten Sachleistungsbeträge um 5% zum 01.01.2024
  • Das Pflegeunterstützungsgeld darf ab dem 01.01.2024 durch Angehörige jährlich für bis zu zehn Arbeitstage je pflegebedürftige Person genutzt werden.
  • Der Gesamtleistungsbetrag für die Kombination von Verhinderungs- und Kurzzeitpflege ist bis zu 3.539 € für bis zu acht Wochen flexibel einsetzbar. Die Leistungen dürfen ab Pflegegrad 2 sofort in Anspruch genommen werden.
  • Der Gesamtleistungsbetrag darf bei Kindern und Jugendlichen bis zum 25. Lebensjahr ab Pflegerad 4 ab dem 01.01.2024 genutzt werden.
  • Die Begleitung durch pflegende Angehörige bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen soll erleichtert werden.
  • Die Zuschläge nach §43 c SGB XI für die vollstationäre Pflege werden zum 01.01.2024 wie folgt erhöht:
    • 0 – 12 Monate Verweildauer:   von 5% auf 15%
    • 13 – 24 Monate Verweildauer: von 25% auf 30%
    • 25 – 36 Monate Verweildauer: von 45% auf 50%
    • Ab 36 Monate Verweildauer:    von 70% auf 75%
  • Geld- und Sachleistungen sollen zum 01.01.2025 und zum 01.01.2028 in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert werden. Die Vorschläge für eine Dynamisierung werden bis Mai 2024 erarbeitet.
  • Das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§18 SGB XI) soll übersichtlicher und adressatengerechter strukturiert werden. 


Ziel 2:

Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege

Maßnahmen:

  • Durch Vorgabe weiterer Ausbaustufen soll eine Beschleunigung der Personalbemessung bewirkt werden. Dabei darf auch die aktuelle Situation aus Arbeits- und Ausbildungsmarkt berücksichtigt werden.
  • Leiharbeit
    • Soll ausschließlich zur Entlastung des Stammpersonals eingesetzt werden.
    • Die Rahmenbedingungen zur Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland sollen verbessert werden.
    • Die Finanzierung der Leiharbeitskräfte ist nur noch bis zur Höhe der entsprechenden Tariflöhne möglich. Damit soll erreicht werden, dass a) die wirtschaftlichen Anreize für Leiharbeit verringert werden und b) die Gelder der Pflegeversicherung für die pflegebedürftigen Personen und das Personal eingesetzt wird.
  • Es wird empfohlen, hauseigene Springerpools zu nutzen. In den Pflegesatzvereinbarungen können bei bspw. 100 Bewohnern bis zu 6 Vollzeitkräfte zusätzlich vereinbart werden, die in Pflege und Betreuung tätig sind. Weiteres Personal kann über einen sachlichen Grund, wie z.B. ein Personalpool oder ein Ausfallkonzept vereinbart werden. Hier ist es auch möglich, den Mitarbeitern für die Bereitschaft des Einspringens eine finanzielle Zulage, die Flexi-Zulage auszubezahlen. Dazu werden drei Konzepte vorgeschlagen:
    • Springerkräfte, die innerhalb eines Springerdienstplans eingesetzt werden.
    • Springerdienste werden gleichmäßig auf alle Pflegefachkräfte im Team verteilt
    • Springerpools, die sich aus mehreren Pflegekräften zusammensetzen und zu vereinbarten Dienstzeiten einspringen.
  • Mitarbeiter in einer berufsbegleitenden Ausbildung oder Anerkennung zählen ab Beginn zum Stellenschlüssel für den angestrebten Abschluss.
  • Die Aufwendungen für die Personalbeschaffung dürfen bei den Pflegevergütungsverhandlungen berücksichtigt werden.
  • Ein „Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege“ wird beim Spitzenverband Bund der Pflegekassen eingerichtet, damit das Potenzial der Digitalisierung verbessert wird und die pflegerische Versorgung dadurch eine Stärkung erhält. Das Kompetenzzentrum soll bei der Umsetzung der Digitalisierung in der Praxis unterstützen. Für die Einrichtung des Kompetenzzentrums werden zwischen 2023 und 2027 10 Mio € aus dem Ausgleichsfond der Pflegeversicherung zu Verfügung gestellt. Die Planung und Durchführung des Projekts liegt beim Spitzenverband Bund der Pflegekassen.
    • Aufgaben des Kompetenzzentrums:
      • Regelmäßige Analyse und Evaluation der Umsetzung digitaler Potenziale im Bereich der ambulanten und stationären Langzeitversorgung.
      • Entwicklung von Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Digitalisierung in der Langzeitpflege.
      • Erarbeiten von Empfehlungen und Prüfung, ob die Vermittlung von Plätzen und Angeboten im ambulanten und stationären Bereich digital genutzt werden.
      • Unterstützung des Wissenstransfers bei Themen der Digitalisierung.
  • Ausweitung des Förderprogramms für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeinrichtungen auf ca. 300 Mio € und Fristverlängerung der Förderung von Maßnahmen zur Digitalisierung bis Ende 2030.

Weitere Informationen sowie Formulare zur Antragstellung finden Sie hier: https://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/finanzierung_und_foerderung/finanzierungs__und_foerdervorhaben.jsp

  • Ab dem 01.07.2025 ist die Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) in Pflegeeinrichtungen Pflicht.
  • Verlängerung des Förderprogramms in Pflegeinrichtungen für Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis 2030.
    • Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste mit bis zu 25 Mitarbeitern erhalten für Ihre Maßnahmen mehr Mittel und müssen somit einen geringeren Anteil selbst aufwenden.
    • Die Fördermittel betragen jährlich 7.500 € und können auch im nächsten Jahr zusätzlich zum jährlichen Budget genutzt werden.

Weitere Informationen sowie Formulare zur Antragstellung finden Sie hier: https://www.gkv-spitzenverband.de/pflegeversicherung/finanzierung_und_foerderung/finanzierungs__und_foerdervorhaben.jsp

  • Förderung innovativer Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen in Kommunen über vier Jahre. Damit erhalten die Kommunen ein Initiativrecht, um Pflegestützpunkte für die Beratung von pflegebedürftigen Personen und deren Angehörige einzurichten.


Ziel 3:

Stabilisierung der Finanzen

Um die Finanzierung für alle Maßnahmen des PUEG zu stabilisieren, werden die Beitragssätze erhöht und eine reduzierte Staffelung der Beiträge für Familien mit Kindern festgelegt.

Maßnahmen:

  • Erhöhung der Beitragssätze zum 01.07.2023 um 0,35 Prozentpunkte, dadurch werden Mehreinnahmen von 6,6 Mrd € / Jahr erwartet.
  • Änderung der Beiträge für Familien mit Kinder:
    • Ohne Kind:                     4% (Arbeitnehmeranteil 2,3%)
    • 1 Kind:                            3,40 (Arbeitnehmeranteil 1,7%)
    • 2 Kinder:                         3,15% (Arbeitnehmeranteil 1,45%)
    • 3 Kinder:                         2,90% (Arbeitnehmeranteil 1,2%)
    • 4 Kinder:                         2,65% (Arbeitnehmeranteil 0,95%)
    • 5 Kinder und mehr:       2,40% (Arbeitnehmeranteil 0,7%)

Diese gesetzlichen Änderungen werden in Deutschland heiß diskutiert. So kritisierte beispielsweise die Vorsitzende der Diakonie, Frau Andrea Asch, die gesetzlichen Neuerungen, dass sie weder die Pflegekräfte noch die pflegende Angehörige beachten. Außerdem schreibt der VDEK in seiner Stellungnahme, der Entwurf greife aus seiner Sicht viel zu kurz. Leistungsverbesserungen werden zwar vorgenommen aber seien zu kurzfristig gedacht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die ersten Schritte in eine Veränderung begangen werden, der Bereich „Pflege“ jedoch grundlegende Neuerungen benötigt.